Die Waldsiedlung Onkel Tom in Berlin-Zehlendorf ist ein Symbol für den sozialen Wohnungsbau in der Weimarer Republik. Im Mittelpunkt stand die soziale Verantwortung der Architekten: menschenwürdig, funktional, bezahlbar und naturnah.
Unter der Leitung des Architekten Bruno Taut (1880 bis 1938) wurde die Siedlung als Teil der Berliner Gartenstadt-Bewegung (Betonung von Gemeinschaft und Natur, kollektiver Besitz) konzipiert. Auch die Architekten Otto Rudolf Salvisberg und Hugo Häring waren an dem umfangreichen Projekt beteiligt. Der Bau der Siedlung durch die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft GEHAG begann 1926 und wurde in mehreren Bauabschnitten bis 1932 fertiggestellt. Die Siedlung entstand vor allem als Reaktion auf die große Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg.
Kiezkarte: Waldsiedlung Berlin-Zehlendorf
Zielort: Riemeisterstaße, Hegewinkel, Eisvogelweg, Wilskistraße, 14169 Berlin
Anfahrt: U-Bahnhof Onkel Toms Hütte
Bruno Taut trug mit seinen reformerischen Impulsen maßgeblich zur Entwicklung der Architektur des »Neuen Bauens« bei. In seinen Konzepten verband er funktionale Architektur mit künstlerischem Anspruch. Architektur sollte das gesellschaftliche Leben verbessern und ästhetisch bereichern. Idee bzw Vision war die genossenschaftlich organisierte Siedlung und eine sozialistische Lebensform.
Der Stil der Moderne zeigt sich in der Waldsiedlung in Klarheit, Einfachheit und Reduktion. Die Besonderheit liegt auch in der harmonischen Einbettung in die vorhandene Waldlandschaft. Großzügige Grünflächen mit Kiefern und kleinen Gärten bieten den Bewohnern Lebensqualität und Raum für gemeinschaftliche Aktivitäten. Auf die für Deutschland typischen Zäune wurde weitestgehend verzichtet. Auch dies vermittelt zusammen mit der besonderen Architektur eine wunderbare Offenheit und Leichtigkeit.
Spaziergang mit Kreativimpuls
Bruno Taut war ein Meister der Farbe. Farbe war für ihn konzeptionell unentbehrliches und vor allem auch kostengünstiges Gestaltungsmittel. Farbe war kein inhaltsloses Mittel der Dekoration. Bereits 1920 gab er mit seinem »Aufruf zum farbigen Bauen« (Manifest) der Architekturszene neue Impulse. Die Waldsiedlung Onkel Tom ist der Höhepunkt der Architektur Farbigkeit der 1920er Jahre. Begib Dich in die Welt der farbigen Architektur Bruno Tauts! Los gehts:
Du fährst bis U-Bahn Station »Onkel Toms Hütte« und beginnst Deinen Spaziergang links oder rechts der Argentinischen Allee hinein in die Waldsiedlung. Sieh Dir Hauswände, Fensterrahmen und Haustüren an! Und das Gesamtbild verschiedener Straßenzüge aus gewisser Ferne. Farbtöne, weiche Tönungen, Farbnuancen, Reflexfarben… Welche Stimmung löst das Gesehene bei Dir aus? Welche Emotionen hast Du? Vergleiche die unterschiedliche Wirkung bei verschiedenen Lichtverhältnissen. Beobachte, wie Licht und Jahreszeiten die Farben der Siedlung verändern. Male vor Ort oder zu Hause eine Farbpalette mit den Taut’schen Farben. Du brauchst nicht viel Material: Skizzenbuch, Papier, Pinsel und Tuschkasten, Buntstifte oder Ölkreiden. Wie würdest Du diese Farben nennen?
Nach dem Spaziergang bietet sich eine Erfrischung in Onkel Toms Ladenstraße (im U-Bahnhof) an!
Kiezkarte Waldsiedlung Onkel Tom
Meine illustrierte Kiezkarte gibt einen Überblick über die Waldsiedlung und die von Bruno Taut entworfenen Gebäude. Beim Spaziergang wünsche ich viele Entdeckungen! Und das eine oder andere Gespräch mit den Anwohnern und Anwohnerinnen. Denk daran, dass die Siedlung neben dem Architekturdenkmal auch eine Wohnanlage ist.
Mir persönlich macht es Freude zwischen den Häusern zu laufen und genauer hinzusehen. Die Waldsiedlung ist eine Wohltat fürs Auge. Ich könnte stundenlang die Häuserzeilen betrachten. Mich fasziniert außerdem die Zeitlosigkeit des Ensembles und das menschennahe Bauen, vor fast 100 Jahren!
Viel Freude beim Entdecken!